Einleitung

Wenn es nach einem Verkehrsunfall um den Schadenersatz geht, kommt es nicht selten zu Streitigkeiten zwischen Geschädigten und Versicherungen. Besonders die  fiktive Abrechnung sorgt regelmäßig für Diskussionen. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern (AZ: 4 C 793/24) bringt hier neue Klarheit: Preissteigerungen bei Reparaturen gehen zulasten des Schädigers.

Warum dieses Urteil wichtig ist

Die Entscheidung ist ein klares Signal: Versicherungen können sich nicht darauf berufen, dass ein Geschädigter mit veralteten Kostensätzen abgespeist wird. Steigen die Preise, muss der Versicherer nachzahlen.

Relevanz für Unfallgeschädigte in Deutschland

Gerade in Zeiten hoher Inflation betrifft dieses Urteil viele Autofahrer. Egal ob konkrete Reparatur oder fiktive Abrechnung – Geschädigte können sich auf höhere Kosten berufen, wenn diese nachweislich erforderlich sind.

Hintergrund des Falls

Der Verkehrsunfall in Kaiserslautern

Im Juni 2024 wurde ein geparktes Auto durch ein anderes Fahrzeug beschädigt. Die Haftung der Versicherung stand außer Frage – nur die Höhe des Schadenersatzes war streitig.

Streitpunkt: Höhe der Reparaturkosten

Die Versicherung zahlte zunächst 2.687,37 € netto. Der Kläger forderte jedoch weitere 590,02 €, weil die Reparaturkosten aufgrund von Preissteigerungen höher lagen.

Fiktive Abrechnung als Grundlage

Der Kläger rechnete auf fiktiver Basis ab – also nicht anhand einer tatsächlich durchgeführten Reparatur, sondern anhand eines Gutachtens eines Sachverständigen.

Zentrale Aussagen des Urteils

Anspruch auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall

Das Gericht bestätigte den Anspruch auf den vollen Schadenersatz nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG.

Maßstab der Naturalrestitution nach § 249 BGB

Entscheidend ist, welche Kosten zur Wiederherstellung erforderlich sind. Das umfasst auch übliche Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt.

Verweis auf freie Werkstatt – wann zulässig?

Eine Versicherung darf nur dann auf eine günstigere Werkstatt verweisen, wenn:

  • die Reparatur gleichwertig ist,

  • der Geschädigte die Werkstatt problemlos erreichen kann,

  • keine unzumutbaren Umstände (z. B. Sonderkonditionen der Versicherung) vorliegen.

Bedeutung der Gleichwertigkeit der Reparatur

Im konkreten Fall stellte ein Sachverständiger fest, dass die Referenzwerkstatt Originalteile verwendete und streng nach Herstellervorgaben arbeitete – also qualitativ gleichwertig war.

Rolle des Sachverständigen

Technische Prüfung und Lackierungsfragen

Besonders interessant: Bei grauen und silbernen Lacktönen sind Farbabweichungen häufig. Deshalb ist eine Beilackierung notwendig und wirtschaftlich sinnvoll.

Korrekturen bei Arbeitswerten und Materialkosten

Der Sachverständige reduzierte leicht die Arbeitswerte für die Achsvermessung und korrigierte Materialkosten beim Unterbodenschutz.

Bedeutung für die Schadenschätzung

Am Ende war klar: Trotz kleiner Abzüge lagen die Gesamtkosten höher als von der Versicherung reguliert.

Preissteigerungen bei Reparaturkosten

Wirtschaftliche Realität in Werkstätten

Werkstätten müssen sich Preissteigerungen bei Ersatzteilen, Lacken und Löhnen stellen. Das wirkt sich direkt auf die Reparaturkosten aus.

BGH-Rechtsprechung zu Preissteigerungen

Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden: Preissteigerungen, die bis zum Ende des Verfahrens eintreten, gehen zulasten des Schädigers.

Konsequenzen für Versicherer und Geschädigte

Für Versicherungen bedeutet das höhere Belastungen – für Geschädigte hingegen Sicherheit, dass sie nicht auf Mehrkosten sitzen bleiben.

Bedeutung für die fiktive Abrechnung

Warum auch hier Preissteigerungen berücksichtigt werden

Das Urteil stellt klar: Auch bei einer fiktiven Abrechnung sind aktuelle Marktpreise maßgeblich.

Unterschied zwischen konkreter und fiktiver Abrechnung

  • Konkrete Abrechnung: Reparatur tatsächlich durchgeführt

  • Fiktive Abrechnung: Abrechnung auf Gutachtenbasis

In beiden Fällen gelten die Grundsätze der Naturalrestitution.

Praktische Auswirkungen für Geschädigte

Geschädigte können sicher sein, dass auch bei Gutachtenabrechnung Preissteigerungen berücksichtigt werden.

Praktische Folgen für Unfallgeschädigte

Durchsetzung von Restschadenersatz

Es lohnt sich, Restforderungen einzuklagen, wenn die Versicherung nicht vollständig zahlt.

Chancen und Risiken bei der Regulierung

  • Chancen: Gerichtliche Bestätigung der Ansprüche

  • Risiken: Prozesskosten – aber diese trägt oft die Versicherung bei Obsiegen

Tipps für die Beauftragung eines Gutachters

  • Immer einen unabhängigen Gutachter beauftragen

  • Darauf achten, dass regionale Marktpreise berücksichtigt werden

  • Bei Streitigkeiten anwaltliche Unterstützung einholen

Fazit

Das Urteil des AG Kaiserslautern zeigt deutlich: Geschädigte dürfen sich nicht mit zu niedrigen Zahlungen zufriedengeben. Preissteigerungen bei Reparaturen sind Teil der Realität und müssen auch bei einer fiktiven Abrechnung berücksichtigt werden. Für Unfallopfer bedeutet das mehr Sicherheit und eine faire Regulierung ihres Schadenersatzes nach einem Verkehrsunfall.