Datum 01.03.2017
Category Allgemein
Restwertangebot beim Haftpflichtschaden

Hintergrund

Im Parkhaus eines Möbelhauses kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem beide Fahrzeugführer das Parkhaus verlassen wollten. Die Breite der Fahrstraße des Fahrzeugs des Beklagten, die einmal durch das ganze Parkhaus führt und von der links und rechts Querstraßen abzweigen, in denen sich die einzelnen Parkplätze befinden, beträgt 5 mr. Die Breite der Querstraße, aus der das Fahrzeug des Klägers kam, lag bei 6 m, wobei alle Straßen asphaltiert sind.

Im Kreuzungsbereich kam es zum Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge.

Die Klägerin, die aus der Querstraße kam, behauptet, dass der Unfallgegner und Beklagte mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei und die Vorfahrt missachtet habe.

Die Versicherung des Beklagten regulierte lediglich 50 % des Schadens des Klägers; der Kläger begehrte im Klagewege den Differenzbetrag.

Aussage

Das AG München entschied, dass beide Unfallbeteiligten zu jeweils 50 % haften und führt hierzu wie folgt aus:

„Inwieweit die Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 StVO auf einem Parkplatz Anwendung finde, hänge davon ab, ob die Fahrspuren lediglich dem ruhenden Verkehr d.h. dem Suchverkehr dienen, oder ob sie darüber hinaus Straßencharakter besitzen. Entscheidend für diese Beurteilung seien die sich den Kraftfahrern bietenden baulichen Verhältnisse, insbesondere die Breite der Fahrspuren sowie ihre Abgrenzung von den Parkboxen. Im vorliegenden Fall sei wegen der breit ausgebauten Straßen ein „gewisser Straßencharakter“ anzunehmen und an den Schnittpunkten der Straßen die „rechts vor links“-Regel anzuwenden. Daneben gelte aber eine besondere und spezifische Rücksichtnahmepflicht aller Verkehrsteilnehmer, die bedeute, dass jeder Verkehrsteilnehmer auf einem solchen Parkplatz, auch ein von rechts Kommender, mit erhöhter Vorsicht fahren muss. Ein Nutzer müsse also beim Befahren des Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen rechnen. Das Amtsgericht habe ein Sachverständigengutachten eingeholt und sich den Feststellungen des Sachverständigen angeschlossen. Danach hätte der Unfall vermieden werden können, wenn beide Beteiligte vorliegend ihre sich aus dem Parkplatzverhältnis ergebende besondere Rücksichtnahmepflicht erfüllt hätten. Die Gegebenheiten auf dem Parkplatz lassen es vorliegend nicht zu, dass die Führerin des klägerischen Fahrzeugs sich blind auf ihr Vorfahrtsrecht nach der „rechts vor links“ Regel verlasse. Dies insbesondere, als die Straße, auf der sich der Beklagte befand, geradeaus durch das Parkhaus durchführt und von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden müsse, um zur Ausfahrt zu gelangen. Auf dieser Straße sei ständig mit Begegnungsverkehr zu rechnen. Das AG München kommt zu einer Haftungsverteilung von 50% für beide Parteien.“

Praxis

Nach dem AG München hat ein Nutzer beim Befahren eines Parkhauses stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen zu rechnen und es trifft ihn eine besondere Rücksichtnahmepflicht. Dies kann im Fall des AG München auch dazu führen, dass auch der Vorfahrtsberechtigte mit 50 % haftet.

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