Hintergrund
Im Verfahren vor dem OLG München ging es um die Abrechnung eines beendeten Leasingvertrages, nachdem die Leasinggeberin (Klägerin) den Leasingvertrag aufgrund einer Entwendung des Fahrzeugs gekündigt hatte.
Im Prozessverfahren ging es um einen von der Klägerin der Beklagten in Rechnung gestellten Ablösewert, der sich unter Abzug der Leistungen der Kaskoversicherung errechnete.
Das erstinstanzliche Gericht (LG München I) gab dem ursprünglichen Klageantrag zur Zahlung des Ablösewerts mit Urteil vom 18.04.2016 (AZ: 10 HK O 23027/15) statt. Mit der Berufung verfolgte die Beklagte (Leasingnehmerin) ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Aussage
Das OLG München wies die Berufung in der Hauptsache weitestgehend als unbegründet zurück und führte hierzu wörtlich aus:
„Zu Recht hat das Landgericht der Klagepartei den errechneten Ablösewert von 6.837,17 € nebst Verzinsung zuerkannt. Kein Anspruch besteht allerdings hinsichtlich der geltend gemachten Mahnkosten und kapitalisierten Verzugszinsen.
Der Anspruch auf den Ablösewert, vermindert um die von der Kaskoversicherung erstatteten Beträge, ergibt sich aus Ziff. XV.1, 3 der – unstreitig in den Vertrag einbezogenen – Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (abgedruckt in Anlage K 1). Gemäß Ziff. X.6 dieser Bedingungen war die Klägerin berechtigt, den Vertrag zu kündigen, nachdem das Leasingobjekt entwendet, also verloren gegangen war. Ziff. XV. regelt die Abrechnung des Vertrages für diesen Fall. Gegen die rechnerische Richtigkeit der Abrechnung der Klägerin erhebt die Beklagte keine konkreten Einwände. 12 Ziff. XV. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hält einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Entgegen der Auffassung der Berufung ist die Klausel nicht überraschend im Sinne von § 305 c BGB. Es handelt sich um eine leasingtypische, nach Kenntnis des Senats in Leasingverträgen vergleichbarer Art übliche Bestimmung. Die Klausel benachteiligt den Leasingnehmer auch nicht unbillig im Sinne von § 307 BGB. Vielmehr stellt sie (gerade für den hier vorliegenden Fall des Verlustes des Fahrzeugs) einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer dar. Der Leasingnehmer trägt (nicht anders als bei einem eigenen Fahrzeug) nach Ziff. XI.1 der AGB die Gefahr des zufälligen Untergangs. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist der Leasingnehmer nach nach Ziff. X.1 der Leasingbedingungen verpflichtet, eine Fahrzeugvollversicherung für das Leasingobjekt abzuschließen. Konsequent gesteht Ziff. XV. der AGB dem Leasinggeber einen Anspruch auf den Rest seiner Primäransprüche als Schadensersatz zu, allerdings vermindert um die Versicherungsleistung. Damit steht der Leasingnehmer genau so, wie wenn ihm ein eigenes Fahrzeug entwendet worden wäre. Auch dann hätte er nämlich eine eventuelle Differenz zwischen dem Wert des Fahrzeugs und einer Versicherungsleistung zu tragen.
Damit besteht grundsätzlich der Anspruch der Klägerin auf den Ablösewert, vermindert um die (unstreitige) Versicherungsleistung. Streit zwischen den Parteien besteht jedoch über die Methode zur Ermittlung des Ablösewerts. Die Klägerin stützt sich auf die Ziffer 2. auf Seite 1 des Leasingvertrages (Anlage K 1). Die Beklagte hält diese Regelung für nicht einschlägig, zumindest aber für unklar (§ 305 c Abs. 2 BGB). Der Senat hat gegen die Berechnung der Klägerin entsprechend der genannten Klausel (restliche Leasingraten plus kalkulierter Restwert minus drei Prozent ersparte Aufwendungen, abgezinst mit zwei Prozent über dem Basiszinssatz) im Ergebnis keine Einwände.
Diskutabel erscheint zwar die Auffassung der Beklagten, dass bei Ziffer 2. auf Seite 1 des Leasingvertrages unklar ist, ob diese Regelung für den vorliegenden Fall der Entwendung des Fahrzeuges Anwendung finden soll. Denn möglich könnte auch eine Auslegung dahin erscheinen, dass die Klausel insgesamt nur die Fälle einer Kündigung betrifft, die vom Leasingnehmer zu vertreten ist. Würde man dies so sehen, wäre die Klausel vorliegend nicht einschlägig, da kein Gesichtspunkt ersichtlich ist, unter dem die Beklagte den Diebstahl zu vertreten hätte. 15 Wollte man die fragliche Klausel vorliegend nicht anwenden, bliebe es demnach bei Klausel XV. der AGB, aus der sich ergibt, dass die Beklagte den Ablösewert (vermindert um die Versicherungsleistung) als Schadensersatz schuldet. Lediglich der Begriff des Ablösewertes wäre nicht definiert. Ausgehend von der Prämisse (vgl. oben 1.), dass als Schadensersatz das restliche wirtschaftliche Potential des Vertrages für die Klägerin als Schadensersatz geschuldet ist, ist dann dieser Schaden nach § 287 ZPO zu schätzen.
Die Schadensberechnung der Klägerin auf der Basis der Rechenformel in Ziffer 2. auf Seite 1 des Leasingvertrages erscheint dem Senat unabhängig davon, ob die Klausel unmittelbar gilt, als geeignete Schätzmethode. Der Ansatz (restliche Raten plus kalkulierter Restwert abzüglich ersparte Aufwendungen, das Ganze entsprechend der Restlaufzeit abgezinst) ist methodisch korrekt. Die restlichen Raten stehen fest. Der kalkulierte Restwert von 45 Prozent taucht nicht nur in der genannten Ziffer 2. auf, sondern liegt auch der konkreten Kalkulation des Leasingvertrages gemäß Leasingraten-Kalkulationsblatt (welches Bestandteil des Leasingvertrages ist) zugrunde und ist damit individuell vereinbart. Der Ansatz von ersparten Aufwendungen mit 3 Prozent und eines Abzinsungsfaktors von 2 Prozent über dem Basiszinssatz erscheint nicht unplausibel und wird auch von der Beklagten nicht konkret angegriffen. Hiernach billigt der Senat die Schadensberechnung der Klägerin im Rahmen von § 287 ZPO, zumal eine (in sich ebenfalls nicht unschlüssige) Alternativberechnung der Klägerin in der Berufungserwiderung (Bl. 82 ff. der Akten) sogar zu höheren Beträgen kommt.
Ein Verzicht der Klägerin auf den Anspruch liegt nicht vor. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus der Klausel „Leasing-Extra bei Totalschaden oder Diebstahl“ im Leasingvertrag. Nach deren letztem Satz gilt der Verzicht auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert (bzw. Versicherungsleistung) nur, wenn der Leasingnehmer mit der Klägerin einen neuen Leasingvertrag über ein anderes Fahrzeug abschließt. Letzteres ist unstreitig nicht erfolgt.
Eine andere Auslegung der Klausel erachtet der Senat für mehr als fernliegend. § 305 c Abs. 2 BGB ist daher nicht einschlägig. Insbesondere ergibt sich nichts anderes aus der Tatsache, dass die Klausel in zwei Spalten gedruckt ist und sich am Spaltenübergang ein Absatz befindet. Kein verständiger Leasingnehmer kann berechtigterweise auf den Gedanken kommen, dass der Leasinggeber auf einen Teil seiner Ansprüche verzichtet, ohne im Zusammenhang hiermit einen Vorteil durch einen weiteren Leasingvertrag über ein anderes Fahrzeug zu haben.“
Praxis
Das Urteil des OLG München befasst sich ausführlich mit der Problematik der Methode zur Ermittlung des Ablösewertes. Das OLG München hatte gegen die Anwendung einer Klausel aus den Leasingbedingungen keine Einwände.