Datum 10.09.2016
Category Allgemein

Hintergrund

Die Käuferin und Klägerin erwarb vom Autohaus/der Beklagten im Juni 2013 einen fabrikneuen Pkw KIA Ceed zum Kaufpreis von 16.300,00 €. Das Fahrzeug hatte bei einem Transportschaden Schäden am Auspuffrohr und Tank des Fahrzeugs erlitten, die nicht fachgerecht behoben worden waren und auch bei Fahrzeugübergabe schon vorhanden waren; hiervon erfuhr die Klägerin im Dezember 2013.
Das beklagte Autohaus bot der Klägerin eine kostenfreie Schadensbeseitigung/Nachbesserung an; auf dieses Angebot ließ sich die Klägerin nicht ein, da ihr das beklagte Autohaus keine von ihr geforderte zusätzliche Minderung des Kaufpreises gewährte. Im Weiteren forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung auf, ein mangelfreies Fahrzeug als Ersatz bzw. nachzuliefern; nachdem das beklagte Autohaus hierzu nicht bereit war, erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Mit Ihrer Klage zum Landgericht forderte die Klägerin unter Anrechnung einer Nutzungsvergütung für gefahrene Kilometer die Rückzahlung des Kaufpreises und die Erstattung der Zulassungskosten in Höhe von ca. 15.000,00 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das vorinstanzliche Landgericht lehnte den Rücktritt wegen Unverhältnismäßigkeit ab und wies die Klage ab.

 

Aussage

Das OLG Hamm verurteilte das beklagte Autohaus zur Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung der Zulassungskosten in Höhe von zusammen ca. 13.600,00 € unter Anrechnung einer Nutzungsvergütung für gefahrene Kilometer in Höhe von ca. 2.850,00 €, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs durch die Klägerin.
Das OLG Hamm stellte zunächst fest, dass das verkaufte Fahrzeug bei der Übergabe an die Klägerin einen Sachmangel aufgewiesen hatte. Sie habe deshalb Ersatzlieferung verlangen dürfen.
Dem Einwand, dass ein Ersatzlieferungsverlangen wegen einer vorrangigen Nachbesserung ausgeschlossen sei, ließ das OLG Hamm nicht gelten. Es führt hierzu aus, dass es nicht die Klägerin war, die eine Nachbesserung vom beklagten Autohaus verlangte, sondern dass das beklagte Autohaus hier eine solche anbot, ohne dass sich die Parteien letztendlich über deren Modalitäten geeinigt bzw. verständigt hätten. Deshalb habe, so das OLG Hamm, die Klägerin auch danach noch eine Nachlieferung/Ersatzlieferung verlangen können. Eine solche Nachlieferung sei dem beklagten Autohaus auch möglich gewesen, da es nicht dargelegt habe, dass es nicht in der Lage sei ein mangelfreies anderes Neufahrzeug mit der geschuldeten Ausstattung zu beschaffen.
Auch den weiteren Einwand des beklagten Autohauses, nämlich der Unverhältnismäßigkeit einer Ersatzlieferung, ließ das OLG Hamm nicht gelten. Nach dem OLG Hamm muss ein Fahrzeugverkäufer diesen Einwand geltend machen, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch für ihn überhaupt besteht. Ein solcher Nacherfüllungsanspruch (Nachbesserung oder Ersatzlieferung) erlischt allerdings unter anderem dann, wenn der Käufer zu recht vom Vertrag zurücktritt, was hier der Fall ist. Nachdem das beklagte Autohaus im vorliegenden Fall diesen Einwand verspätet, also erstmals im Prozess erhoben hat, konnte es mit diesem Einwand nicht mehr gehört werden.

Das OLG Hamm ging auch nicht davon aus, dass die Pflichtverletzung des beklagten Autohauses als unerheblich anzusehen ist; unerheblich ist nach dem OLG Hamm (ebenso nach dem BGH) ein nur geringfügiger Mangel, der mit einem Kostenaufwand von bis zu ca. 5 % des Kaufpreises beseitigt werden kann. Nachdem allerdings nach dem eingeholten Sachverständigengutachten Mangelbeseitigungskosten in Höhe von ca. 12 % des Kaufpreises im Raum standen, habe kein geringfügiger Mangel mehr vorgelegen.

Praxis

Nach dem OLG Hamm hat die Käuferin in diesem Fall ihr Wahlrecht deshalb noch nicht endgültig ausgeübt, da sie nicht selbst eine Nachbesserung verlangt hat, sondern ihr diese nur angeboten worden ist. Insoweit konnte sie im Rahmen des Wahlrechts immer noch Ersatzlieferung verlangen.
Von Bedeutung an diesem Fall ist weiterhin, dass das OLG Hamm urteilt, dass der Fahrzeugverkäufer in diesem den Einwand der Unverhältnismäßigkeit einer Ersatzlieferung erheben muss, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch besteht; ein solcher besteht allerdings dann nicht mehr, wenn der Fahrzeugkäufer zurecht vom Vertrag zurückgetreten ist, da dann dieser Einwand erlischt.

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