Datum 24.12.2017
Category Allgemein
Hintergrund

Der Kläger verlangt restliche Reparaturkosten nach einem Verkehrsunfall. Dem Kläger wurden für die tatsächlich vorgenommene Reparatur 12.713,32 € in Rechnung gestellt.

Die beklagte Versicherung regulierte nur anteilig und verweist insofern auf das vom Kläger in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten, das geringere Reparaturkosten prognostizierte.

Erstinstanzlich hat das LG Hannover (AZ: 16 O 179/16) die Reparaturkosten nicht in vollem Umfang für erstattungsfähig gehalten.

Aussage

Nach Ansicht des OLG Celle dürfte die Berufung ganz überwiegend Aussicht auf Erfolg haben. Es führt dazu wörtlich aus:

„Im Ansatz zu Recht dürfte die Klägerin rügen, dass das Landgericht die zu ersetzenden Reparaturkosten nicht in vollem Umfang für erstattungsfähig gehalten hat, sondern auf die vom vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen geschätzten Kosten in Höhe von 10.400,48 € zzgl. 1998,59 € Mehrwertsteuer begrenzt hat.“

Grundsätzlich kann der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten verlangen, die einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen erschienen.

Er darf zur Schadenbeseitigung grundsätzlich den Weg wählen, der seinen Interessen am besten entspricht.

„Da die Schätzung der Kosten im Regelfall vor Beginn der Reparatur vorgenommen wird, ist selbst die sachverständige Prognose mit dem Risiko behaftet, dass sich unter der Reparatur ein versteckter Schaden zeigt. Dieses Prognose- bzw. Werkstattrisiko ist dem Geschädigten regelmäßig nicht anzulasten, wenn er nach entsprechender Information den Weg der Schadensbehebung mit dem vermeintlich geringsten Aufwand gewählt hat und ihm weder ein eigenes Auswahlverschulden, noch eine unzureichende Überwachung des Reparaturbetriebs vorgeworfen werden kann.

[ ] Die Klägerin konnte vorliegend auch nicht erkennen, dass das vorgerichtlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen fehlerhaft zu niedrig gewesen sein könnte, da unvorhergesehen weitere Schäden bzw. ein höherer Schadensbeseitigungsaufwand erforderlich waren, was sich aber erst während der Reparaturarbeiten herausgestellt hat. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin die Werkstatt mit der Reparatur aller Unfallschäden auf Basis des Schadengutachtens beauftragt. Dass sich im Nachhinein ein höherer, als der vom Gutachter geschätzte Aufwand als erforderlich herausstellt, dürfte aus schadensrechtlicher Sicht unerheblich sein, soweit die Klägerin keine Maßnahmen veranlasst hat, die ersichtlich außer Verhältnis zu dem Anlass und dem zu erwartenden notwendigen Schadensbeseitigungsaufwand standen.“

Praxis

Stellt sich im Laufe der Reparatur heraus, dass die tatsächlichen Reparaturkosten die im Gutachten prognostizierten Kosten übersteigen, geht dieses Werkstatt- und Prognoserisiko zulasten des Schädigers – vorausgesetzt, dem Geschädigten ist kein Auswahlverschulden bezüglich des Sachverständigen anzulasten und der Geschädigte veranlasst keine Maßnahmen, die ersichtlich außer Verhältnis zum erwarteten Schadenbeseitigungsaufwand stehen.

Daraus folgt auch die konsequente Ansicht des Gerichts, eine Beweisaufnahme zu der Frage, ob die zusätzlich angefallenen Reparaturkosten zur Beseitigung des Unfallschadens erforderlich waren oder nicht, sei entbehrlich.

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