Datum 01.03.2017
Category Allgemein

Hintergrund

Der Streit vor dem BGH ging darüber, ob dem Kläger aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Kraftfahrzeugkaskoversicherung für ein geleastes Fahrzeug nach dessen unfallbedingtem Totalschaden eine den Wiederbeschaffungswert übersteigende Neupreisentschädigung zusteht.

Hierbei schloss der Kläger Ende des Jahres 2009 bei der Leasinggeberin einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug der Marke Chevrolet Corvette Z06 ab. Die Leasinggeberin erwarb das Fahrzeug.

Für die Erstzulassung am 30.12.2009 erteilte die Beklagte eine Versicherungsbestätigung über vorläufige Deckung in der Haftpflichtversicherung. Im Zusammenhang mit der Dokumentation des Versicherungswunsches füllte der Kläger einen ihm von der Beklagten übersandten Fragebogen aus und erklärte darin, dass er eine Fahrzeugvollversicherung mit 500,00 € Selbstbeteiligung sowie Fahrzeugteilversicherung ohne Selbstbeteiligung wünsche. Die Beklagte übersandte ihm sodann einen „Antrag auf Kraftfahrtversicherung Comfort“, den der Kläger unterzeichnete und zurücksandte; den Abschluss einer sogenannten GAP- Versicherung beantragte er nicht.

In dem Versicherungsvertrag sind die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung der Beklagten (von dieser AKB 09/2009 genannt) einbezogen. Dort heißt es unter anderem:

„Neupreisentschädigung
A.2.6.2 Bei Pkw (ausgenommen Mietwagen, Taxen und Selbstfahrervermiet-Pkw) zahlen wir den Neupreis des Fahrzeugs gemäß A.2.12, wenn innerhalb von 12 Monaten (bei Entwendung in den ersten 6 Monaten) nach dessen Erstzulassung ein Totalschaden, eine Zerstörung oder ein Verlust eintritt. Wir erstatten den Neupreis auch, wenn in diesem Fall die erforderlichen Kosten der Reparatur mindestens 80 Prozent des Neupreises betragen. Voraussetzung ist, dass sich das Fahrzeug bei Eintritt des Schadenereignisses im Eigentum dessen befindet, der es als Neufahrzeug vom Kfz-Händler oder Kfz-Hersteller erworben hat (erste Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil II). Ein vorhandener Restwert des Fahrzeugs wird abgezogen.

A.2.6.3 Wir zahlen die über den Wiederbeschaffungswert hinausgehende Entschädigung nur in der Höhe, in der gesichert ist, dass die Entschädigung innerhalb von einem Jahr nach ihrer Feststellung für die Reparatur des Fahrzeugs oder den Erwerb eines anderen Fahrzeugs verwendet wird.“

Am 23.11.2010 erlitt das versicherte Fahrzeug einen unfallbedingten Totalschaden.

Die Beklagte regulierte unter Berücksichtigung der vereinbarten Selbstbeteiligung allerdings lediglich den Wiederbeschaffungswert in Höhe von 31.256,31 € und erklärte dazu mit Schreiben vom 26.01.2011, dass eine Neupreisentschädigung deshalb ausscheidet, da das versicherte Fahrzeug geleast gewesen sei. Der Kläger war demgegenüber der Ansicht, ihm stehe ein Anspruch auf Neupreisentschädigung zu und verlangt mit seiner Klage weitere 29.630,25 € nebst Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Hilfsweise beantragte er die Feststellung, die Beklagte sei verpflichtet, den nach Maßgabe weiterer AKB zu errechnenden sogenannten GAP-Schaden zu ersetzen. Die vorinstanzlichen Gerichte (LG Hannover, Entscheidung vom 22.10.2014, AZ: 6 O 375/13 sowie OLG Celle, Entscheidung vom 19.03.2015, AZ: 8 U 305/14) wiesen die Klage jeweils ab bzw. die Berufung des Klägers zurück.

Aussage

Der BGH sah die Angelegenheit anders, wobei auf die wörtlichen Entscheidungsgründe hinzuweisen ist:

„Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Dieses hat angenommen, die geltend gemachten Ansprüche stünden dem Kläger aus keinem Rechtsgrund zu.

A.2.6.2 AKB 09/2009 setze für die Neupreisentschädigung zunächst lediglich voraus, dass sich das versicherte Fahrzeug bei Eintritt des Schadenereignisses im Eigentum dessen befinde, der es als Neufahrzeug erworben habe. Deshalb sei der in Klammern gesetzte Hinweis auf die Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil II möglicherweise missverständlich, weil diese Eintragung den Fahrzeughalter und nicht den Eigentümer ausweise. Die daraus erwachsenden Zweifel am Regelungsgehalt der Klausel könnten dahinstehen, weil der Kläger jedenfalls die Voraussetzungen der Reinvestitionsklausel (A.2.6.3AKB 09/2009) nicht erfüllt habe. Diese Klausel sei wirksam und habe ihren Niederschlag in § 93 VVG gefunden. Wegen der darin geregelten Voraussetzungen für die Neupreisentschädigung komme es bei Leasingfahrzeugen auf den Leasinggeber an, wobei es nicht ausreiche, dass dieser laufend Neuanschaffungen tätige. Notwendig sei vielmehr die Fortsetzung des konkreten Leasingverhältnisses. Sei ein Leasing-Vertrag – wie hier – infolge des Schadenereignisses beendet und abgerechnet , könne der Anspruch auf die Neupreisentschädigung nur dadurch gesichert werden, dass der Versicherungsnehmer ein vergleichbar teures Fahrzeug bei derselben Leasinggesellschaft lease. Daran fehle es hier, denn der Kläger habe selbst behauptet, einen neuen Leasingvertrag mit einer anderen Leasinggeberin abgeschlossen zu haben. Das zeige im Übrigen, dass er wirtschaftlich in der Lage gewesen sei, die Voraussetzungen der Reinvestitionsklausel zu erfüllen. Sein Treuwidrigkeitseinwand gehe deshalb ins Leere. Wegen des behaupteten Vertragsschlusses mit einer neuen Leasinggeberin komme es auch auf die in der Reinvestitionsklausel geregelte Jahresfrist für die Sicherstellung nicht mehr an.

Auch sonstige Ansprüche des Klägers bestünden nicht. Er mache einen Schaden geltend, der nicht durch die behauptete Fehlberatung sondern allein dadurch entstanden sei, dass er die Voraussetzungen der Reinvestitionsklausel nicht erfüllt habe. Dabei könne unterstellt werden, dass die Grundsätze zur gewohnheitsrechtlich anerkannten Erfüllungshaftung auch unter dem neuen Versicherungsvertragsgesetz weiter Gültigkeit hätten. Da eine Neupreisentschädigung auch für das versicherte Leasingfahrzeug vereinbart worden sei, könne sich die Erfüllungshaftung allenfalls auf die nicht abgeschlossene GAP-Deckung erstrecken. Auf diese sei der Kläger aber in den vor Vertragsschluss übersandten Unterlagen hingewiesen worden, so dass es an dem für einen Anspruch aus gewohnheitsrechtlich anerkannter Erfüllungshaftung erforderlichen Vertrauen des Klägers fehle.

Im Übrigen habe die Beklagte ihre Beratungspflicht in Bezug auf die Möglichkeit einer GAP- Deckung nicht verletzt. Eine Verletzung von § 6 Abs. 4 Satz 1 VVG gegenüber dem anwaltlich vertretenen Kläger sei nicht zu erkennen. Auch § 6 Abs. 2 Satz 1 VVG, der vor Vertragsschluss eine Information des Versicherungsinteressenten in Textform verlange, sei entsprochen worden, denn der dem Kläger übersandte Antrag auf Kraftfahrtversicherung habe den Hinweis enthalten, dass er die Kundeninformation und die AKB erhalten habe. Sowohl die AKB als auch die dem Kläger übersandten Verbraucherinformationen hätten Informationen zur GAP-Versicherung enthalten. Der Kläger habe sich daher darüber informieren können. Dass er, Jahrgang 1947, selbständig, und nicht zum ersten Mal Leasingnehmer hochwertiger Fahrzeuge, von dieser Problematik, aus der heraus die GAP- Versicherung entwickelt worden sei, nie etwas gehört haben wolle, erscheine fernliegend.

Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt stand.

Im Ansatz zutreffend haben die Vorinstanzen A.2.6.2 AKB 09/2009 dahin ausgelegt, dass die Klausel eine Neupreisentschädigung auch bei der Versicherung von Leasing-Fahrzeugen ermöglicht. Voraussetzung dafür ist, dass sich das versicherte Fahrzeug bei Eintritt des Schadenereignisses im Eigentum dessen befindet, der es als Neufahrzeug vom Kfz-Händler oder Kfz-Hersteller erworben hat. Beides trifft hier auf die Leasinggeberin zu. Anders als die Beklagte meint, schafft der in Klammern gesetzte Hinweis auf die erste Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht die zusätzliche Voraussetzung, dass Eigentümer und Halter des versicherten Fahrzeugs identisch sein müssen, so dass eine Neupreisentschädigung für Leasingfahrzeuge ausgeschlossen wäre.

Das ergibt die Auslegung der Klausel. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei ist im Regelfall auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und auch auf seine Interessen abzustellen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 23. Juni 1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; vom 21. Mai 2003 – IV ZR 327/02, WM 2003, 1363 unter 2 a; vom 26. September 2007 – IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 11, vom 10. Dezember 2014 – IV ZR 289/13, r+s 2015, 88 Rn. 22). Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen zudem gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Soll mit einer Klausel ein Risiko ausgeschlossen oder begrenzt werden, geht das Interesse des Versicherungsnehmers in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet.

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass eine Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 – IV ZR 269/14, r+s 2016, 74 Rn. 38 m.w.N.; vom 8. Mai 2013 – IV ZR 233/11, r+s 2013, 382 Rn. 41; vom 27. Juni 2012 – IV ZR 212/10, VersR 2012, 1253 Rn. 20; vom 23. November 1994 – IV ZR 48/94, VersR 1995, 162 unter 3 b). Deshalb gebieten es Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 26. September 2007 – IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16 m.w.N.).

Diesen Erfordernissen wird A 2.6.2 AKB 09/2009 nur in der Auslegung gerecht, dass der in Klammern gesetzte Hinweis keine zusätzliche Voraussetzung des Inhalts schafft, dass Eigentümer und Halter des versicherten Fahrzeugs identisch sein müssen.

Zwar mag der durchschnittliche Versicherungsnehmer noch erkennen, dass der Fahrzeugeigentümer nicht notwendigerweise mit dem in die Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragenen Fahrzeughalter identisch sein muss. Er wird jedoch – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – den in Klammern gesetzten Hinweis allenfalls als missverständlich und unpräzise ansehen, ohne anzunehmen, dass damit die Neupreisklausel wesentlich eingeschränkt und gezielt Leasingverträge von ihr ausgenommen werden sollen, denn das hätte nach den vorstehenden Grundsätzen einer unmissverständlichen Regelung bedurft, deren Zielrichtung sich dem Versicherungsnehmer ohne Weiteres erschlösse; der Versicherer hätte eine solche Regelung weitaus weniger verklausuliert – etwa durch den Hinweis „das gilt nicht, wenn das versicherte Fahrzeug geleast ist“ – zum Ausdruck bringen können.

Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber angenommen, die Klage sei abzuweisen, weil der Kläger die Voraussetzungen der so genannten Reinvestitionsklausel (A.2.6.3 AKB 09/2009) nicht erfüllt, nämlich nicht sichergestellt habe, dass die Entschädigung innerhalb eines Jahres nach ihrer Feststellung für die Reparatur des Fahrzeugs oder den Erwerb eines anderen Fahrzeugs verwendet wird. Das Berufungsgericht hat insoweit verkannt, dass die Frist zur Sicherstellung erst nach Feststellung der Ersatzpflicht durch den Versicherer zu laufen beginnt. Die Klage durfte deshalb noch nicht als unbegründet abgewiesen werden, vielmehr ist es dem Kläger immer noch möglich, die Voraussetzungen der Reinvestitionsklausel zu erfüllen.

Allerdings trifft es zu, dass dann, wenn das versicherte Fahrzeug geleast ist, für die Frage, ob eine Wiederbeschaffung im Sinne von A.2.6.3AKB 09/2009 (Verwendung der Entschädigung zum „Erwerb eines anderen Fahrzeuges“) sichergestellt ist, die Leasinggeberin als im Rahmen der Fremdversicherung versicherte Fahrzeugeigentümerin in den Blick zu nehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1993 – IV ZR 181/92, VersR 1993, 1223 unter 1 [[…] Rn. 7] und 2 b [[…] Rn. 13] m.w.N. zu § 13 (10) AKB; OLG Hamm r+s 1995, 87, 88 [OLG Hamm 02.11.1994 – 20 U 165/94]).

Eine bedingungsgemäße Ersatzbeschaffung durch die Leasinggeberin ist bisher weder erfolgt noch sichergestellt.

Wird – wie hier – der Leasingvertrag nach einem Totalschaden des versicherten Fahrzeugs abgerechnet und beendet, reicht es – anders als der Kläger meint – für die von A.2.6.3 AKB 09/2009 für die Neupreisentschädigung vorausgesetzte Sicherstellung der Ersatzbeschaffung auch nicht aus, dass die Leasinggeberin im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes irgendein neues Fahrzeug kauft. Eine solche Ersatzbeschaffung läge vielmehr nur dann vor, wenn die bisherige Leasinggeberin ein neues Fahrzeug erwirbt, um damit das Leasingverhältnis mit dem Versicherungsnehmer fortzusetzen oder ein neues, den abgerechneten Vertrag ersetzendes Leasingverhältnis zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1993 aaO unter 2 b [[…] Rn. 13]; OLG Karlsruhe VersR 1998, 1229, 1231 m.w.N.; OLG Jena VersR 1997, 229; OLG Köln VersR 1997, 870; OLG Hamm aaO).

Das Berufungsurteil erweist sich aber deshalb als rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht die weiteren Voraussetzungen der Reinvestitionsklausel (A.2.6.3 AKB 09/2009) verkannt hat.

In Sachversicherungen zum Neuwert dienen Wiederbeschaffungsklauseln unter anderem dem Zweck, das so genannte subjektive Risiko des Versicherers zu begrenzen. Der Versicherer soll davor geschützt werden, dass der Versicherungsnehmer – wie dies bei freier Verwendbarkeit der Neuwertentschädigung der Fall wäre – in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschung des Versicherungsfalls Vermögensvorteile zu verschaffen, die auch darin bestehen können, dass die Neuwertentschädigung für den Verlust einer versicherten Sache zur Finanzierung beliebiger anderweitiger Anschaffungen zur Verfügung stünde (vgl. für die Gebäudeversicherung: Senatsurteile vom 20. April 2016 – IV ZR 415/14, r+s 2016, 302 Rn. 12; vom 20. Juli 2011 – IV ZR 148/10, r+s 2011, 433 Rn. 16; vom 18. Februar 2004 – IV ZR 94/03, r+s 2004, 238 unter II 1 c [[…] Rn. 15] m.w.N.). Um dem entgegenzuwirken, sind Wiederherstellungsklauseln darauf gerichtet, sicherzustellen, dass die Neuwertentschädigung allein dazu verwendet wird, die ursprünglich versicherte Sache zu ersetzen.

Auch A.2.6.3 AKB 09/2009 gewährt deshalb dem Versicherungsnehmer oder dem im Rahmen einer Versicherung für fremde Rechnung geschützten Fahrzeugeigentümer (hier der Leasinggeberin) die den Wiederbeschaffungswert übersteigende Neuwertspitze nur in der Höhe, in der gesichert ist, dass die Entschädigung innerhalb von einem Jahr nach ihrer Feststellung für die Reparatur des Fahrzeugs oder den Erwerb eines anderen Fahrzeugs verwendet wird. Das setzt allerdings nicht voraus, dass Versicherungsnehmer oder Versicherter die Wiederbeschaffung zunächst aus eigenen Mitteln zu gewährleisten haben. Vielmehr setzt die Jahresfrist für die Sicherstellung der Verwendung der Neuwertspitze für die Ersatzbeschaffung nach dem Bedingungswortlaut erst nach Feststellung der Entschädigung ein, denn die Wendung „ihrer Feststellung“ bezieht sich, wie das Berufungsgericht noch zutreffend gesehen hat, auf die Entschädigung. Die Frist beginnt mithin erst zu laufen, wenn der Versicherer erklärt hat, die Neupreisentschädigung bis zu einem bestimmten Betrag dem Grunde nach zu schulden.

Verweigert der Versicherer diese Erklärung, etwa weil er – wie hier – der Auffassung ist, die Neupreisentschädigung aus anderen Gründen nicht leisten zu müssen, wird die Jahresfrist für die Sicherstellung der Verwendung der Neuwertspitze für die Ersatzbeschaffung nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut in A.2.6.3 AKB 09/2009 nicht anderweitig, etwa durch die Leistungsablehnung, den Versicherungsfall oder eine Teilregulierung des Schadens ausgelöst. Anders als die Revisionserwiderung meint, führt dies keineswegs zu einem systemwidrigen Ergebnis, weil dann eine Neupreisentschädigung verlangt werden könnte, solange keine Feststellung erfolgt sei. Es wäre vielmehr ein treuwidriges, widersprüchliches Verhalten des Versicherers, wollte er vom Versicherungsnehmer die Sicherstellung der Verwendung der Versicherungsleistung zur Ersatzbeschaffung verlangen, obwohl er diese Versicherungsleistung von vorn herein verweigert. Da die Reinvestitionsklausel lediglich eine zweckgebundene Verwendung der zunächst – auch wertmäßig – festgestellten Neupreisentschädigung gewährleisten soll, muss der Versicherungsnehmer oder Versicherte insbesondere nicht die Ersatzbeschaffung zunächst aus Eigenmitteln gewährleisten. Darauf, ob einer von ihnen – wie hier der Kläger nach seinem Vortrag – in der Lage ist, sich auch ohne Hilfe des Versicherers etwa durch Abschluss eines Leasingvertrages mit einer anderen Leasinggeberin ein anderes Fahrzeug zu beschaffen, kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an. Hierdurch wird weder der Versicherer von seiner Pflicht befreit, die Verpflichtung zur Leistung der Neupreisentschädigung festzustellen, noch wird die Verwendung der Neuwertspitze für eine Ersatzbeschaffung im Sinne von A.2.6.3 AKB 09/2009 vereitelt oder sonst der Anspruch auf die Neupreisentschädigung verwirkt, denn es steht Versicherungsnehmer und Versichertem nach wie vor frei, sicherzustellen, dass eine vom Versicherer zugesagte Neupreisentschädigung für eine bedingungsgemäße Ersatzbeschaffung verwendet wird. Der Auffassung des Berufungsgerichts, wegen des nach seinem Vortrag abgeschlossenen neuen Leasingvertrages des Klägers komme es auf die (hier noch nicht einmal in Gang gesetzte) Jahresfrist in A.2.6.3 AKB 09/2009 nicht mehr an, kann daher nicht gefolgt werden.

Weigert sich der Versicherer, seine Verpflichtung zur Erstattung der Neuwertspitze – auch hinsichtlich des grundsätzlich erstattungsfähigen Betrages – festzustellen, bleibt dem Versicherungsnehmer nur die Möglichkeit, diese Feststellung durch eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Erst diese Feststellung setzt dann die Jahresfrist zur Sicherstellung ihrer Verwendung nach A.2.6.3 AKB 09/2009 in Lauf.

Das Berufungsgericht hätte nach allem die Klage noch nicht als unbegründet abweisen dürfen. Daran, die Klage als jedenfalls derzeit (noch) unbegründet abzuweisen, ist der Senat seinerseits gehindert, weil die Sache noch nicht entscheidungsreif im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO ist. Denn das Berufungsgericht, welches den Regelungsgehalt der Reinvestitionsklausel verkannt hat, hat es versäumt, den Kläger nach § 139 Abs. 1 ZPO auf die vorstehend dargelegte Rechtslage hinzuweisen, um ihm so die Möglichkeit zu eröffnen, seinen Klagantrag sachdienlich umzustellen und zunächst auf die Feststellung der Pflicht der Beklagten zur Erstattung der über den Wiederbeschaffungswert hinausgehenden Entschädigung zu klagen. Bestand aber eine derartige Hinweispflicht mit dem Ziel, der Partei in der Tatsacheninstanz Gelegenheit zur Stellung eines sachdienlichen Antrags zu geben, so kommt eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – I ZR 13/95, BGHZ 135, 1 unter II 3 m.w.N.).

Die Sache bedarf nach allem neuer Verhandlung, in deren Rahmen der Kläger Gelegenheit erhält, seine bisherigen Anträge zu überprüfen.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Hilfsantrag des Klägers auf Schadensersatz wegen mangelnder Beratung über die Möglichkeit einer so genannten GAP-Versicherung zurückgewiesen hat, rechtlicher Überprüfung nicht standhält.

Allein die Übersendung einer Verbraucherinformation, in welcher unter anderem auch die GAP-Deckung erläutert ist, vermag weder die von § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG aus Anlass des Abschlusses eines neuen Versicherungsvertrages geforderte Bedarfsermittlung noch die nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VVG erforderliche Beratungsdokumentation zu ersetzen. In den dem Kläger übersandten Frage- und Antragsbögen ist schon nicht die Option eröffnet, zusätzlich die GAP-Deckung durch Ankreuzen oder sonstigen Eintrag zu wählen. Der Hinweis auf das Lebensalter, die Stellung des Klägers als Selbständiger, den Umstand, dass er früher bereits geleaste Fahrzeuge gefahren habe, und die anwaltliche Vertretung des Klägers im Rechtsstreit kann die Beklagte weder von ihrer Beratung noch von der Dokumentationspflicht entbinden.“

Teilen Sie den Artikel
Facebook Facebook Twitter Twitter