Datum 11.06.2017
Category Allgemein
Anwaltskosten nach einem Verkehrsunfall

Hintergrund

Bei einem Verkehrsunfall am 06.02.2015 auf der BAB 4 bei Merzenich mit einem niederländischen LKW wurde der Pkw der Klägerin beschädigt. Die Eintrittspflicht der Beklagten (unfallgegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung) dem Grunde nach zu 100 % stand fest.

Die Klägerin beauftragte ein Haftpflichtgutachten, welches am 11.02.2015 vorlag. Nach diesem Gutachten belief sich der Wiederbeschaffungswert des verunfallten Fahrzeugs auf 3.650,00 €, der Restwert auf 770,00 €. Die Reparaturkosten wurden mit netto 6.602,32 € ermittelt. Die Klägerin veräußerte ihr verunfalltes Fahrzeug zum gutachterlichen Restwert.

Der Rechtsanwalt der Klägerin meldete den Schaden bei der Beklagten mit Schreiben vom 09.02.2015. Mit Schreiben vom 18.02.2015 teilte der Rechtsanwalt der Klägerin den Schaden gegenüber der Beklagten mit und setzte eine Frist zur Regulierung. In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin dringend auf die Nutzung eines Pkw angewiesen sei, jedoch aus eigenen finanziellen Mitteln kein adäquates Ersatzfahrzeug anschaffen und auch keinen entsprechenden Bankkredit erhalten könne. Im Schreiben vom 18.02.2015 wurde weiterhin darauf hingewiesen, dass die Klägerin deshalb derzeit ein Mietfahrzeug nutzen müsse und auch weiter nutzen werde, bis ihr Fahrzeugschaden reguliert sei.

Nachdem der Fahrzeugschaden der Klägerin von der Beklagten am 24.04.2015 reguliert worden war, schaffte sich die Klägerin am 28.04.2015 ein Ersatzfahrzeug an und gab den Mietwagen zurück. Sodann forderte die Klägerin von der Beklagten für den Zeitraum vom 06.02.2015 bis zum 28.04.2015 (82 Tage) Mietwagenkosten in Höhe von 12.545,16 € ein.

Die Beklagte anerkannte lediglich Mietwagenkosten in Höhe von 643,16 €, sodass die Klägerin den Gerichtsweg beschritt. Das LG Aachen sprach weitere Mietwagenkosten in Höhe von 8.645,93 € zu und bestätigte insbesondere, dass die Klägerin berechtigt war, für 82 Tage den Mietwagen in Anspruch zu nehmen und dass der daraus resultierende Schaden in Form von Mietwagenkosten von der Beklagten zu erstatten sei.

Aussage

Das LG Aachen ging davon aus, dass keine Anhaltspunkte dafür erkennbar seien, dass die Klägerin durch die langfristige Inanspruchnahme eines Mietfahrzeuges gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen habe. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage gewesen war, zu einem früheren Zeitpunkt ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen und aus eigenen Mitteln bzw. unter Inanspruchnahme eines Bankkredits vorzufinanzieren.

Die Klägerin habe weder über eine Kreditkarte noch sonst über finanzielle Mittel verfügt, um durch Hinterlegen einer Kaution bzw. durch Leistung von Vorkasse einen günstigeren Mietwagentarif zu erhalten.

Letztendlich habe die Beklagte trotz der ihr insofern obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich eines Verstoßes gegen Schadenminderungspflichten nicht im Einzelnen konkret dazu vorgetragen, bei welchem Anbieter unter welchen Voraussetzungen die Klägerin im fraglichen Zeitraum einen günstigeren Tarif hätte erhalten können. Zur Dauer der Anmietung stellte das LG Aachen wörtlich fest:

„Der Umstand, dass der Beklagte bzw. die [ ] fast drei Monate gebraucht hat, um den Fahrzeugschaden zu regulieren, kann hier nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Diese hat ihrer Schadenminderungspflicht vielmehr dadurch Genüge getan, dass sie mit Schreiben vom 18.02.2015 die Regulierungsbeauftragte des Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass sie nicht in der Lage sei, aus eigenen Mitteln bzw. unter Inanspruchnahme eines Bankkredites ein Ersatzfahrzeug vorzufinanzieren und deshalb auf die weitere Benutzung eines Mietfahrzeuges angewiesen sei.“

Praxis

Bei der Vermietung von Unfallersatzwagen ist es wichtig, von Anfang an mit dem Kunden abzuklären, ob dieser in der Lage ist, vorzufinanzieren bzw. mittels Kreditkarte abzusichern.

Für den Fall, dass dies nicht zutrifft, steht dem Autovermieter ein weiteres Argument zur Rechtfertigung des berechneten Tarifs gegenüber der gegnerischen Versicherung zur Seite: Die von den Versicherern ins Feld geführten angeblich günstigeren Tarife sind regelmäßig nur dann erhältlich, wenn vorfinanziert werden kann bzw. zur Absicherung der Mietforderung eine Kreditkarte vorhanden ist.

Des Weiteren ist es dann wichtig, die Versicherung über die fehlende Möglichkeit der Vorfinanzierung des Geschädigten zu informieren, um danach einen auch deutlich längeren Ausfallzeitraum begründen zu können. Der Versicherung ist nämlich Gelegenheit zur Schadenminderung zu geben. Nutzt die Versicherung diese Gelegenheit nicht, so muss sie unter Umständen auch für einen deutlich verlängerten Anmietzeitraum Schadenersatz leisten.

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