Hintergrund
Das Fahrzeug des Klägers (T axiunternehmer) erlitt bei einem Verkehrsunfall einen Frontschaden. Die Haftung der beklagten Haftpflichtversicherung steht dem Grunde nach außer Streit.
Der Kläger rechnet den Schaden auf Gutachtenbasis ab. In dem Gutachten sind Reparaturkosten in Höhe von 4.590,18 €, ein Wiederbeschaffungswert eines vergleichbaren Fahrzeugs ohne Taxiausrüstung mit 2.800,00 € brutto sowie zusätzliche Kosten für die Taxiumrüstung in Höhe von 1.835,08 € vorgesehen.
Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit der fiktiven Umrüstkosten. Diese wurden vom Berufungsgericht (AZ: LG Wuppertal, Urteil vom 15.12.2016, AZ: 9 S 281/15) für nicht erstattungsfähig gehalten.
Aussage
Nach Ansicht des BGH sind die Kosten für eine Taxiumrüstung nach einem Unfall zu erstatten. Er führt dazu wörtlich aus:
„Entscheidet sich der Geschädigte – wie hier – für eine Abrechnung auf Gutachtenbasis in Höhe der Kosten einer fiktiven Ersatzbeschaffung, bemisst sich sein Ersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats auf den Wiederbeschaffungsaufwand, d.h. auf die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert des Unfallwagens in unbeschädigtem Zustand und dem Restwert des beschädigten Fahrzeugs. Maßgebliche Bezugsgröße für die Schadensberechnung ist mithin der Wiederbeschaffungswert. Dies ist der nach den Verhältnissen auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu ermittelnde Preis eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, den der Geschädigte aufwenden muss, um von einem seriösen Händler einen dem Unfallfahrzeug entsprechenden Ersatzwagen zu erwerben. Dabei kommt es allein auf eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Ersatzbeschaffung unter objektiven Gesichtspunkten an. Entscheidend ist daher nicht, wie gerade der Geschädigte den Wert seines alten und den Wert des Ersatzfahrzeugs ansetzt, sondern ob eine Schätzung unter objektiven Wertmaßstäben zur Feststellung einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit führt. [ ]
Maßgebend ist nach all dem und im Unterschied zur bloßen Wertkompensation nach § 251 BGB weder der Abschreibungswert noch der Preis, den der Geschädigte beim Verkauf des Unfallfahrzeugs in unbeschädigtem Zustand erzielt hätte, sondern der – bei Fehlen eines funktionierenden Marktes unter Umständen höhere – Preis, den der Geschädigte beim Kauf eines gleichwertigen Fahrzeugs aufwenden müsste.
Nach diesen Grundsätzen wären die auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu zahlenden Mehrkosten für ein Fahrzeug mit Taxiausrüstung gegenüber einem vergleichbaren Fahrzeug ohne Taxiausrüstung ohne weiteres vom Wiederbeschaffungswert umfasst und damit ersatzfähig. Nichts anderes kann gelten, wenn – wie hier vom Berufungsgericht festgestellt – ein Markt für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs mit Taxiausrüstung nicht existiert. Die notwendigen Kosten für die Umrüstung eines Ersatzfahrzeuges zu einem Taxi sind dann – im Unterschied zu dem vom Berufungsgericht herangezogenen Fall der Umrüstung eines Oldtimer-Unikats – als zusätzlicher Rechnungsposten in die Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes einzustellen. Bei der Umrüstung eines Gebrauchtwagens zu einem Taxi handelt es sich nämlich nicht um die bloße Übertragung individueller Ausstattungsmerkmale ohne objektivierbaren wirtschaftlichen Wert, sondern um den Einbau von durch Rechtsverordnung vorgeschriebenen besonderen Ausrüstungs- und Beschaffenheitselementen. Ohne diese Elemente könnte das (fiktive) Ersatzfahrzeug das Unfallfahrzeug in dessen wesentlicher, gerade erwerbswirtschaftlich bedeutsamen Funktion nicht ersetzen, nachdem das für den Kläger maßgebliche Land Nordrhein-Westphalen von der Möglichkeit einer allgemeinen Ausnahme von diesen Vorgaben keinen Gebrauch gemacht hat. Die Umrüstung macht die Naturalrestitution damit erst möglich. Darauf, dass der Geschädigte bei Veräußerung seines Taxis keinen Preisaufschlag wegen der Taxiausrüstung hätte erzielen können und dass die Taxiausrüstung gegebenenfalls bereits abgeschrieben war, in der Vermögensbilanz des Geschädigten folglich keine Rolle spielte, kommt es jedenfalls in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an.“
Praxis
Fehlt es für die Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes bei einem Taxi an einem Markt für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges, dann ist es angemessen, den Wiederbeschaffungswert anhand der Kosten zu ermitteln, die für die Umrüstung eines geeigneten Fahrzeugs am Markt in ein wirtschaftlich-funktional gleichwertiges Fahrzeug erforderlich sind. Zu berücksichtigen ist aber, ob die Herstellung unverhältnismäßig hohe Aufwendungen erfordert.