Datum 02.10.2016
Category Allgemein

Hintergrund

Die Parteien streiten über restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten einen Wiederbeschaffungswert von 23.420,00 € sowie einen Restwert von 3.000,00 €. Der Kläger veräußerte sein Fahrzeug am 13.02. zu dem im Gutachten ordnungsgemäß ermittelten Restwert. Die Beklagte übermittelte am 26.02.2015 ein Restwertangebot über 9.080,00 € und regulierte den Schaden auf der Grundlage des höheren Restwertes.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, ihr hätte vor Verkauf des unfallbeschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zur Prüfung des Gutachtens und zur Unterbreitung von Kaufangeboten gegeben werden müssen.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

 

Aussage

Das Landgericht Stuttgart führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass der Sachverständige den Restwert unstreitig zutreffend ermittelt hat. Der Kläger hat seine Schadensminderungspflicht nicht dadurch verletzt, dass er das Fahrzeug nach Kenntnis vom Restwert zu dem vom Sachverständigen ermittelten Wert veräußert hat und hierzu nicht zuvor mit der Haftpflichtversicherung des Unfallgegner nach Übermittlung des schriftlichen Gutachtens Rücksprache gehalten hat, um dieser die Möglichkeit zu geben, ein besseres Angebot zu unterbreiten.

Der Sachverständige hatte den Restwert basierend auf regionalen und überregionalen ermittelt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass der Wert auf einer ausreichenden Schätzgrundlage beruht (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2009, AZ: VI ZR 318/08).

Jedenfalls musste der Kläger nicht mit der Veräußerung seines Fahrzeugs zuwarten und ein besseres Angebot der Beklagten abwarten. Der Schädiger kann den Geschädigten auch nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser nur auf einem Sondermarkt durch spezialisierte überregionale Restwertaufkäufer erzielen könnte.

Die Beklagte trägt auch sonst keine besonderen Umstände vor, die dem Geschädigten vorliegend Veranlassung gegeben hätten, ohne weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen.

Praxis

Das Landgericht schließt sich der Rechtsprechung des BGH an und sieht keinen Anspruch der Versicherung darauf, dass der Geschädigte mit der Veräußerung des Fahrzeugs zu dem ordnungsgemäß im Gutachten ermittelten Restwert so lange wartet, bis die Versicherung ein eigenes Restwertangebot unterbreitet hat (vgl. BGH vom 23.11.2010 – VI ZR 35/10). Anderenfalls wäre der Geschädigte nicht mehr Herr des Restitutionsgeschehens und die sich aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ergebende Ersetzungsbefugnis würde unterlaufen, wenn dem Geschädigten im Ergebnis die favorisierten Verwertungsmodalitäten des Versicherers aufgezwungen werden dürften.

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