Datum 15.01.2017
Category Allgemein

Hintergrund

Die Parteien streiten um die Erstattung von Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht. Der Kläger ist als Sachverständiger tätig, betreibt daneben eine Reparaturwerkstatt sowie einen Abschleppdienst. Er hatte für den Geschädigten ein Gutachten erstellt und zu diesem Zweck zwei Restwertangebote bei örtlichen Betrieben eingeholt. Einer dieser Betriebe wird von seinem Sohn als Geschäftsführer geleitet.

Die Beklagte verweigerte die Zahlung der Sachverständigenkosten mit der Begründung, die Restwertermittlung sei fehlerhaft. Der Kläger hatte einen Restwert in Höhe von 1.890,00 € ermittelt. Der tatsächliche Restwert liege jedoch bei 4.510,00 €. Bei einer wirtschaftlichen bzw. familiären Verbindung zwischen dem Gutachter und der Reparaturfirma bzw. der das Fahrzeug zum Restwert aufkaufenden Firma entfalle die Unabhängigkeit des Sachverständigen.

Aussage

Das AG Ingolstadt wies den Anspruch auf Erstattung der Gutachtergebühren als unbegründet zurück, da der Kläger im Hinblick auf die Ermittlung des Restwertes ein fehlerhaftes Gutachten erstellt habe.

Es wurden nur zwei Restwertangebote eingeholt. Bei einem der beiden Bieter handelte es sich um einen Betrieb, bei dem der Sohn des Klägers als Geschäftsführer tätig war.

Der zum Zwecke der Regulierung eines Schadens mit einem Sachverständigen geschlossene Gutachtervertrag ist nach gefestigter Rechtsprechung ein Werkvertrag mit Schutzwirkung zugunsten der regulierenden Haftpflichtversicherung. Der Kläger hatte seinem Auftrag entsprechend denjenigen Restwert zu ermitteln, der auf dem regional zugänglichen allgemeinen Markt für das unfallbeschädigte Fahrzeug zu erzielen war und zwar unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung.

Zwar ist der Schadengutachter nicht gehalten, die optimale Verwertungsmöglichkeit unter Einschluss der Online-Börsen zu ermitteln, allerdings hat er auf dem regionalen allgemeinen Markt – nach der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstages – drei entsprechende Angebote einzuholen. Diese Empfehlung gilt vorliegend umso mehr, als es sich bei einem der beiden eingeholten Angebote um ein Angebot der durch seinen Sohn betriebenen Kfz- Werkstätte handelte.

Der Kläger hat daher seine vertragliche Verpflichtung im Rahmen der Gutachtenerstellung schuldhaft verletzt. Daher kann auch die Beklagte, die als nicht Vertragsbeteiligte in den Schutzbereich des Gutachtenvertrages einbezogen ist, gegenüber dem Sachverständigen die Fehlerhaftigkeit des erstellten Gutachtens einwenden.

Praxis

Der Kfz-Sachverständige hat den für den Geschädigten zugänglichen allgemeinen Markt bei der Restwertermittlung zu berücksichtigen – namentlich regional ansässige Kfz-Betriebe und Gebrauchtwagenhändler. Dabei hat er in der Regel drei Restwerte am örtlichen regionalen Markt zu ermitteln, wobei er den Sondermarkt hier nicht berücksichtigen muss (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2009, AZ: VI ZR 205/08). Ist jedoch ein Gebot von zweifelhafter Natur, weil es – wie im vorliegenden Fall – von einem Familienmitglied abgegeben wurde, so ist die Ermittlung eines dritten Angebotes zwingend geboten.

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