Datum 23.12.2016
Category Allgemein

Hintergrund

Das Urteil des LG Schweinfurt befasst sich mit einem Verkehrsunfallgeschehen vom 24.07.2014, bei dem das Fahrzeug des Klägers laut Sachverständigengutachten einen Totalschaden erlitt.

Der Wiederbeschaffungsaufwand betrug 2.400,00 € (WBW 2.500,00 € abzgl. RW 100,00 €). Die Reparaturkosten ebenfalls nach Gutachten betrugen 5.632,54 € netto. Der Kläger ließ sein Fahrzeug zu einem Gesamtbetrag von 3.199,16 € reparieren.

Diese Reparaturkosten gemäß Rechnung lagen knapp unter der 130 %-Grenze von 3.250,00 €.

Die Beklagte bezahlte hierauf lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 2.400,00 €.

Mit der Klage begehrte der Kläger die restlichen Reparaturkosten in Höhe von 799,16 € sowie weitere Kostenpositionen. Das AG Bad-Kissingen gab mit Urteil vom 19.01.2016, Az.: 72 C 144/15 der Klage im Hinblick auf restliche Reparaturkosten statt.

Gegen dieses erstinstanzliche Urteil richtete sich die Berufung der Beklagten.

Aussage

Zur Erforderlichkeit der restlichen Reparaturkosten im Rahmen der 130 %-Grenze führt das LG Schweinfurt wörtlich aus:

„ Ebenso hat das Amtsgericht zu Recht dem Kläger die geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 799,16 € zugesprochen.
Die am klägerischen Fahrzeug durchgeführte Reparatur ist fachgerecht erfolgt.
Der Geschädigte kann in Abweichung von dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Ersatz des Reparaturaufwandes bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges verlangen, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (BGH, Urteil vom 15.11.2011 – Az. VI ZR 30/11 – bei juris Rn. 5 m. w. N.).

Entgegen der Auffassung der Berufung hat das vorgerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten im Rahmen der Schadensschätzung, die sich grundsätzlich an den Preisen der markengebundenen Fachwerkstatt zu orientieren hat, jedoch keine absolute Bedeutung für die Frage, welche Reparaturkosten tatsächlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ersatzfähig sind. Jedenfalls in Fällen, in denen die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130-% Grenze liegen, es dem Geschädigten aber – auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen – gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenden Gerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten unter Berücksichtigung eines merkantilen Minderwertes den Wiederbeschaffungsaufwand nicht übersteigen, kann dem Geschädigten aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden (BGH, Urteil vom 02.06.2015 – Az VI ZR 387/14 – bei juris Rn. 8 m. w. N.).

Dies berücksichtigt, scheitert das Vorliegen einer fachgerechten Reparatur nicht bereits deshalb, weil bei der durch den Kläger durchgeführten Reparatur Gebrauchtteile anstelle von Neuteilen verwendet wurden. Auch der Umstand, dass weder der Endschalldämpfer noch das Heckabschlussblech erneuert, sondern lediglich Instand gesetzt worden sind, steht einer fachgerechten Reparatur nicht entgegen. Denn in dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten wird hierzu ausgeführt, dass der eingetretene Unfallschaden fachgerecht behoben worden sei, dies gelte auch für die Instandsetzungsarbeiten am Endschalldämpfer und am Heckabschlussblech. Gegen die Feststellungen des Sachverständigen haben die Parteien auch keine Einwände erhoben.

Die am klägerischen Fahrzeug durchgeführte Reparatur ist auch vollständig erfolgt.

Bei der Frage, ob die Reparatur vollständig nach den Vorgaben des Sachverständigen erfolgt ist, kommt es im Rahmen der Vergleichsbetrachtung allein auf den erforderlichen, d. h. nach objektiven Kriterien zu beurteilenden und deshalb auch unschwer nachzuprüfenden Reparaturaufwand an (BGH, Urteil vom 02.06.2015 – Az VI ZR 387/14 – bei juris Rn. 8 m. w. N.). Maßgebend ist danach, dass nach der Reparatur keine unfallbedingten Defizite verbleiben und das Fahrzeug vollständig in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzt wird (BGH, Urteil vom 10. Juli 2007 – VI ZR 258/06 – bei juris Rn. 9)

Dies berücksichtigt, führt der Umstand, dass bei der Reparatur der Endschalldämpfer und das Heckabschlussblech nicht erneuert, sondern lediglich Instand gesetzt worden sind, nicht dazu, dass die Reparatur als nicht vollständig angesehen werden kann. Denn der gerichtliche Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass eine Erneuerung des Endschalldämpfers und des Heckabschlussbleches nicht erforderlich gewesen sei, um die unfallbedingten Schäden zu beseitigen. So habe der Endschalldämpfer bereits keine direkten Verformungen und Stauchungen aufgewiesen. Auch zu einer Stauchung des Heckabschlussbleches sei es nicht gekommen. Gegen die Feststellungen des Sachverständigen haben die Parteien auch keine Einwände erhoben.

Zwar hat der Sachverständige festgestellt, dass der Längsträger – entgegen der Annahme des vorgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens – nicht instand gesetzt worden sei. Allerdings hat der Sachverständige ebenso festgestellt, dass der Längsträger keine unfallbedingten Beschädigungen aufgewiesen habe, so dass eine Instandsetzung anstoßbedingt durch das Unfallereignis nicht erforderlich gewesen sei. Auch gegen diese Feststellung des Sachverständigen haben die Parteien keine Einwände erhoben. Zusammenfassend ergibt sich, dass trotz der fehlenden Bearbeitung des Längsträgers das Fahrzeug durch die Reparatur in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzt wurde und damit dem Kläger aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann. “

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