Datum 05.01.2017
Category Allgemein

Hintergrund

Das AG Sonthofen hatte über eine Klage auf restliche Wertminderung von 250,00 € und restliche Reparaturkosten von 111,26 € zu entscheiden.

Der Geschädigte hatte bei einem freien Sachverständigen ein Gutachten in Auftrag gegeben, das voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 5.481,25 € netto und eine merkantile Wertminderung von 650,00 € ergab.

Die tatsächlichen Reparaturkosten lagen dann bei 5.609,81 € netto, wovon die Versicherung einige Positionen kürzte. Eine merkantile Wertminderung wurde nur in Höhe von 400,00 € anerkannt.

Aussage

Das Gericht sprach dem Kläger/ Geschädigten die Reparaturkosten und die Wertminderung in voller Höhe zu, ohne darüber Beweis zu erheben.

„Die unfallbedingte merkantile Wertminderung des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges beträgt zur Überzeugung des Gerichts eine Höhe von 650,00 €. Dieser Betrag konnte anhand der sachverständigen Bewertung und den diesbezüglichen Erläuterungen des Zeugen gemäß § 287 I ZPO geschätzt werden.

An der fachlichen Richtigkeit der dies stützenden Ausführungen des gerichtsbekannten sachverständigen Zeugen hegt das Gericht keine Zweifel. Dieser hat sich bereits in einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren als äußerst zuverlässig und fachkundig erwiesen. Insofern von diesem in außergerichtlichen Gutachten festgestellte Wertminderungshöhen unter weitergehenden Sachverständigenbeweis gestellt wurden, erwiesen sich die von diesem ermittelten Höhen konkreter Wertminderungen bislang stets als angemessen und zutreffend.

Insbesondere führte dieser aus, dass vom Softwareanbieter – ungefähr 10 anerkannte, computerbasierte Berechnungsmethoden angeboten und angewandt werden. Insofern sich eine dieser Methoden nun als „Ausreißerwert nach oben“ darstelle, führte er hierzu nun weiter aus, dass die konkrete merkantile Wertminderung in jedem Einzelfall abhängig von Käuferverhalten, Fabrikat, Typ, Erstzulassung, Laufleistung und der wertminderungsrelevanten Instandsetzungsarbeiten individuell sachverständig festzustellen ist, und die entsprechenden Werte der vom Computer durchgeführten Berechnungsmethoden insoweit lediglich als überschlägige Berechnungsgrundlage dienen; eine rein standardisierte „Durchschnittswertbildung“ der einzelnen von Computerprogrammen autonom ermittelten Berechnungswerte findet mithin nicht statt. Unter Beachtung all dieser Parameter betrage die konkrete Wertminderung 650,00 €.

Da keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass diese Bekundungen des sachverständigen Zeugen vorliegend fachlich unzutreffend sein könnten, folgte das Gericht dieser Bewertung. Da die Beklagte auf die Wertminderung lediglich 400,00 € reguliert hatte, war dem Kläger mithin ein weiterer Betrag in Höhe von 250,00 € zuzusprechen.

Auch die noch ausstehenden Reparaturkosten in einer Gesamthöhe von 111,26 € waren dem Kläger zuzusprechen.

Dieser hatte sein Kraftfahrzeug nach Einholung eines Schadensgutachtens „nach Gutachten“ bei einer Fachwerkstatt reparieren lassen. Die tatsächlichen Reparaturkosten lagen sodann mit 5.609,81 € netto insgesamt nur 128,56 € netto über den im Schadensgutachten berechneten Kosten in Höhe von 5.481,25 € netto. Diese Abweichung erwies sich als sehr geringfügig.

Bei der Ermittlung des für den Kläger erforderlichen Instandsetzungsbetrages ist beachtlich, dass der Geschädigte nun gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung regelmäßig seiner Darlegungs-und Beweislast bereits allein durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des von ihm mit der Schadensbeseitigung beauftragten Unternehmens genügt. Ist dies der Fall, reicht ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrages durch den Schädiger nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249111 BGB (vgl. zum Ganzen: BGH, Urteil vom 15.09.2015, VI ZR 475/15).

Weiter ist nun jedoch auch daran festzuhalten, dass für den Fall, dass eine in Teilen überhöhte Abrechnung erfolgt, wie vorliegend von der beklagten Partei eingewandt wurde, bzw. eine möglicherweise unübliche, zusätzlich berechnete Position wie „Sichtprüfung Gurtsystem“ enthalten ist, das sogenannte „Werkstattrisiko“ grundsätzlich vom Schädiger zu tragen ist. Insoweit geht jedenfalls das Werkstattrisiko auch bei objektiv übersetzten Kosten zu Lasten der Beklagten, insoweit der Kläger als Geschädigter bei einer subjektiven ex – ante Betrachtung im Rahmen seiner individuellen Erkenntnis – und Einflussmöglichkeiten wirtschaftlich vernünftig vorging, was regelmäßig bei einer Vergabe des Reparaturauftrages an eine Fachwerkstatt zu bejahen ist, welche insoweit auch nicht als Erfüllungsgehilfe des Geschädigten fungiert (st. Rspr.: BGH, Urteil vom 29.10.1974, VI ZR 42/73; BGH, Urteil vom 15.10.2013, VI ZR 528/12). Anhaltspunkte dafür, dass die benannten Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben wären, sind nicht ersichtlich. Dahingehend verbietet sich auch eine Ermittlung der allgemeinen Angemessenheit der von der Reparaturfirma berechneten Positionen (vgl. BGH, Urteil vom 15.09.2015, VI ZR 475/14).

Folglich waren dem Kläger auch die gekürzten Reparaturkosten in einer Gesamthöhe von noch 111,26 € brutto zuzusprechen.”

Teilen Sie den Artikel
Facebook Facebook Twitter Twitter