Hintergrund
Der Kläger erlitt am 28.05.2013 einen Verkehrsunfall. Das unfallgegnerische Fahrzeug war bei der Beklagten haftpflichtversichert. Deren Eintrittspflicht dem Grunde nach stand fest.
Die Vorinstanz (LG Meiningen) gab der Klage bis auf in Streit stehende Mietwagenkosten weitgehend statt. Auch bezüglich der Kostenpauschale bzw. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten erfolgte nur teilweise eine Klagestattgabe.
Das LG Meiningen schätzte die Mietwagenkosten nach § 287 ZPO und stützte sich hier auf die Schwacke-Liste Nutzungsausfall. Bezüglich einer Anmietdauer von 11 Tagen und einer täglichen Nutzungsausfallentschädigung von 59,00 € ergäben sich unter Berücksichtigung einer Eigenersparnis von 10 % und zusätzlicher Kosten für die Haftungsreduzierung bzw. Zustellung und Abholung erforderliche Mietwagenkosten i.H.v. 1.069,93 € brutto.
Mittels Berufung verfolgte der Kläger die restlichen Mietwagenkosten vor dem OLG Jena weiter. Die Berufung hatte in überwiegendem Umfang in der Sache Erfolg. Das OLG Jena sprach weitere Mietwagenkosten in Höhe von 659,74 € zu.
Aussage
Das OLG Jena beschäftigte sich in seiner Berufungsentscheidung sehr ausführlich mit der Frage der Einholung von Vergleichsangeboten und stellte hierzu fest:
„Kann der Geschädigte sein Fahrzeug aufgrund eines schädigenden Ereignisses nicht nutzen, hat ihm der Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Kosten für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeuges zu ersetzen (vgl. z. B. Palandt-Grüneberg, 74. Auflage, Rdn. 31 zu § 249 BGB; BGH Urteil vom 27.03.2012, Az.: VI ZR 40/10 m.w.N. – zitiert nach juris – ). Allerdings hat der Geschädigte dabei, wie das Landgericht grundsätzlich zutreffend ausgeführt hat, auch das in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten, was für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet, dass er nur den Ersatz derjenigen Kosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für erforderlich halten durfte (vgl. auch BGH a.a.O. m.w. N.). Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht aber darin, dass dem Kläger hier deshalb eine Verletzung dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes vorzuwerfen sei, weil er es unterlassen habe, mehrere Konkurrenzangebote einzuholen und er nicht dargelegt habe, dass ihm nur eine Anmietung zu dem teureren Unfallersatztarif möglich gewesen sei. Beides nämlich ist vorliegend nicht der Fall. So hat der Kläger, was das Landgericht offensichtlich übersehen hat, bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 04.04.2014 vorgetragen, dass er sich über die Autowerkstatt K. außer bei der A auch bei der B. der C und der D, jeweils in S., nach einem geeigneten Ersatzfahrzeug erkundigt habe, aber nur die A ihm einen geeigneten Ersatzbus zur Verfügung habe stellen können. Da dieser Vortrag von den Beklagten nicht bestritten wurde, kann dem Kläger hier entgegen der von dem Landgericht vertretenen Ansicht keine Verletzung der Pflicht zur vorherigen Einholung mehrerer Konkurrenzangebote vorgeworfen werden. Da die weiteren drei Anfragen über die Fa. K. gelaufen sein sollen, steht dieser Vortrag auch in Einklang mit dem weiteren Vortrag des Klägers zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2014. Auch kann damit, entgegen der Ansicht der Beklagten, aus dem Vortrag des Klägers nicht ge-schlossen werden, dass er das erstbeste Fahrzeug angemietet habe.“
Wichtige Aussagen machte das OLG Jena auch zur umstrittenen Frage, ob wegen des Fahrzeugalters des verunfallen Fahrzeugs die erforderlichen Mietwagenkosten anhand einer niedrigeren Fahrzeugklasse zu berechnen sind. Hierzu führte das Gericht aus:
„Auch ein Abzug wegen des Fahrzeugalters kommt entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht nicht in Betracht. Anders als bei der Nutzungsentschädigung geht es bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges nicht um den Ersatz des wirtschaftlichen Wertes der entgangenen Nutzungsmöglichkeit, sondern um den Gebrauchswert des schädigungsbedingt nicht nutzbaren Fahrzeuges. Dieser jedoch wird nicht zuletzt bedingt durch den technischen Fortschritt allenfalls geringfügig vom Alter des Fahrzeuges bestimmt (vgl. z.B. auch LG Meiningen a.a.O. m.w.N.).“
Praxis
Wie bereits ausgeführt enthält das Urteil des OLG Jena einige wichtige Aussagen zu bei der Durchsetzung von Mietwagenkosten immer wieder umstrittenen Fragen. Hierbei bestätigt das OLG Jena, dass es auf eine Schadenschätzung – egal ob nun nach Fraunhofer oder Schwacke – dann nicht mehr ankommt, wenn sich der Geschädigte vor der Anmietung nach günstigeren Tarifen erkundigte und derart günstige Tarife nicht erhältlich waren.
Hierbei ist auch immer die konkrete Situation des Geschädigten zu berücksichtigen – also ob er beispielhaft ein Fahrzeug hätte vorfinanzieren können, ob er eine Kreditkarte hatte oder ob er aus dringenden Gründen auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen war.
Hier ist es unbedingt wichtig, ausführlich und ausreichend vorzutragen. Dies geschah im konkreten Fall, sodass das OLG bestätigte, dass der Kläger seinen Erkundigungspflichten nachgekommen war, diese Erkundigungen allerdings nicht dazu führten, dass er günstigere T arife erhalten konnte. Dann kommt es folgerichtig auch nicht auf irgendeine Schadenschätzung erforderlicher Mietwagenkosten an, sondern es ist derjenige Betrag zu ersetzen, welcher dem Kläger auch konkret berechnet wurde.
Die zweite wichtige Aussage erfolgte zur umstrittenen Frage, ob wegen des Alters des verunfallten Fahrzeugs der Geschädigte nur einen niedrigklassigeren Mietwagen in Anspruch nehmen dürfe. Es verbietet sich aber, bezüglich dieser Frage die Rechtsprechung zum Nutzungsausfall zu übertragen.
Bei der Berechnung von Nutzungsausfall spielt das Fahrzeugalter einer Rolle.
Bei der Geltendmachung von Mietwagenkosten ist dies nicht der Fall. Selbst wenn das verunfallte Fahrzeug schon älter ist, kommt es auf diejenige Fahrzeugklasse an, welche sich aus der Schwacke-Liste Automietwagenklassen ergibt. Eine Herabstufung wegen des Fahrzeugalters erfolgt gerade nicht.