Datum 06.11.2016
Category Allgemein

Hintergrund

Der Kläger macht einen amtshaftungsrechtlichen Anspruch gegen das Land Brandenburg geltend. Er behauptet, dass der Prüfingenieur, der die Hauptuntersuchung (HU) bei dem von ihm erworbenen Fahrzeug abgenommen hat, hierbei als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne schuldhaft eine drittschützende Amtspflicht verletzt hat.

Der Prüfingenieur hatte im Juni 2010 am streitgegenständlichen Fahrzeug die Hauptuntersuchung gemäß § 29 StVZO durchgeführt. Zwar wies das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits schwerwiegende Sicherheitsmängel auf, diese Mängel waren vom Prüfingenieur jedoch nicht zwingend und nachweislich erkennbar. Dies lag möglicherweise daran, dass der Auftraggeber des Gutachtens und spätere Verkäufer des Wagens die bereits vorhandenen Korrosionsstellen vor der Hauptuntersuchung großflächig und dick mit Unterbodenschutz überzogen bzw. eine sonstige Fahrzeugaufbereitung durchführt hatte. Der Sachverhalt konnte diesbezüglich nicht mehr vollständig aufgeklärt werden.

In einem durch den Erwerber des Fahrzeugs im März 2011 beauftragten Gutachten wurden erhebliche Durchrostungen und Korrosionsstellen im Bereich des Unterbodens festgestellt.

Die auf Schadenersatz unter anderem wegen Durchrostung des Unterbodens gerichtete Klage wurde abgewiesen.

 

Aussage

Das LG Potsdam lehnt einen Amtshaftungsanspruch gegen das beklagte Land ab. Erforderlich sei, dass ein Beamter im haftungsrechtlichen Sinne schuldhaft eine ihm – einem Dritten gegenüber – obliegende Amtspflicht verletzt. Ob ein Geschädigter als Dritter in diesem Sinne anzusehen ist, richtet sich danach, ob die Amtspflicht auch dem Zweck dient, gerade dessen Interesse zu schützen.

Die Hauptuntersuchung im Sinne des § 29 StVZO hat hoheitlichen Charakter und dient grundsätzlich nicht dem Schutz der Vermögensinteressen eines zukünftigen Erwerbers des Fahrzeugs. Eine Drittbezogenheit der den Prüfingenieur betreffenden Pflichten besteht lediglich im Falle eines Amtsmissbrauchs. Nur in diesem Fall ist eine umfassende Verantwortung des Dienstherren gegenüber jedem Betroffenen zu bejahen.

Die Pflicht des Beamten, sein Amt sachlich und im Einklang mit den Forderungen von Treu und Glauben sowie guter Sitte zu führen, obliegt ihm gegenüber jedem, der dadurch geschädigt werden könnte.

Für die Annahme eines solchen Amtsmissbrauchs genügt jedoch nicht jede schuldhafte Pflichtverletzung. Allerdings reicht stets ein Verhalten aus, das die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt, wenn also der Beamte in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einen anderen vorsätzlich schädigt.

Darüber hinaus kann ein Amtsmissbrauch auch bei gewissen fahrlässigen Verhaltensweisen vorliegen, was jedoch immer von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängig ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.0.1973, AZ: III ZR 32/71; OLG Hamm, Urteil vom 17.06.2009, AZ: I-II U 112/08).

Für ein haftungsbegründendes fahrlässiges Verhalten ist das Übersehen eindeutiger Mängel an dem zu begutachtenden Fahrzeug nicht ausreichend. Erforderlich ist nicht nur, dass der Beamte die verletzten Pflichten hätte erkennen können und wissen müssen, dass nun einem Dritten ein Schaden entstehen könnte. Es ist vielmehr auf die Besonderheit des Falles abzustellen, z.B. ob eine Benutzbarkeit des Pkw ausgeschlossen war oder sie mit Sicherheit schwere Gefahren oder gar eine Lebensgefahr des Nutzers herbeiführen könnte.

Diese Voraussetzungen lagen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht vor.

Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme war die Durchrostung für den Prüfingenieur zwar möglichweise bereits im Zeitpunkt der Untersuchung der Hauptuntersuchung erkennbar, dies kann jedoch nicht mit Sicherheit unterstellt werden. Der Ursprungszustand des Fahrzeugs im Juni 2010 konnte nicht rekonstruiert werden.

Da der Kläger seiner ihm obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht insoweit nicht nachkommen konnte, wurde die Klage abgewiesen.

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