Datum 19.09.2016
Category Allgemein

Hintergrund

Die  Parteien  streiten  über  verbleibende  Sachverständigenkosten  nach  einem  Verkehrsunfall aus abgetretenem Recht. Der Kläger hat seine Kosten nach Maßgabe der vom Geschädigten genehmigten  Allgemeinen  Geschäftsbedingungen  nebst  Nebenkostensätzen  in  Rechnung gestellt.

Das  Amtsgericht  hatte  die  auf  Zahlung  eines  Restbetrages  von  44,80 €  gerichtete  Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die BVSK -Honorarbefragung 2013 zur  Ermittlung  der  üblichen  Vergütung  ungeeignet  sei  und  die  tatsächlichen  Kosten  des Gutachtens deutlich unterhalb der abgerechneten Beträge lägen.

 

Aussage

Die  hiergegen  eingelegte  Berufung  hatte  vollumfänglich  Erfolg.  Das  Berufungsgericht  weist darauf    hin,    dass    hinsichtlich    der    Höhe    des    Vergütungsanspruchs    ausschließlich schadensersatzrechtliche    Maßstäbe    heranzuziehen    sind    und    keinesfalls    vertragliche Ansprüche.

Bei   der   Beurteilung   der   objektiven   Erforderlichkeit   der   Aufwendungen,   ist   auf   einen verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen, in der Lage des Geschädigten abzustellen.
Das  Gebot  zur  wirtschaftlich  vernünftigen  Schadensbehebung  verlangt  vom  Geschädigten jedoch nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob   er   den   Schaden   selbst   zu   tragen   hätte.   Im   Rahmen   der   subjektbezogenen Schadensbetrachtung muss daher auf die individuellen Erkenntnis-  und Einflussmöglichkeiten im Einzelfall abgestellt werden.

Soll   der   vorgelegten   Rechnung   ihre   indizielle   Bedeutung   für   die   Erforderlichkeit   der Aufwendungen genommen werden, bedarf es daher der Darlegung konkreter Umstände, nach denen  der  Geschädigte  bereits  bei  Beauftragung  des  Gutachters  erkennen  konnte,  dass dieser Honorarsätze verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen. Die Berufung   auf   Umstände,   die   der   Geschädigte   nicht   kennt   – wie   z.B.   die   BVSK- Honorarbefragung –   ist hierzu von vornherein untauglich.

Im   Rahmen   der   nach   § 287   ZPO   vorzunehmenden   Schadenschätzung   ist   die   BVSK- Honorarbefragung daher lediglich mittelbar heranzuziehen, gesetzlichen Maßstäben wie dem JVEG  oder  das  RVG  kommt  ebenfalls  nur  indizielle  Bedeutung  zu,  da  diese  in  der  freien Wirtschaft eher den unteren Bereich abbilden.

Bei  der  Beurteilung  der  streitgegenständlichen  einzelnen  Nebenkostenpositionen  wurden vorliegend die BVSK -Werte in der Gesamtschau nur teilweise und dann auch nur geringfügig  überschritten. Das Honorar war daher insgesamt erforderlich und damit erstattungsfähig.

 

Praxis

Das   Landgericht   Gießen bedient   sich   vorwiegend der   BVSK- Honorarbefragung   als Schätzgrundlage zur Ermittlung der Erforderlichkeit     des     streitgegenständlichen Sachverständigenhonorars.
Im  Ergebnis  kommt  es  auf  die  Gesamtschau  der  berechneten Positionen an. Sofern sich diese insgesamt auf branchenüblichem Niveau bewegen, bleibt für gerechtfertigte Kürzungen kein Raum.

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