Hintergrund
Die Parteien streiten über verbleibende Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall aus abgetretenem Recht. Der Kläger hat seine Kosten nach Maßgabe der vom Geschädigten genehmigten Allgemeinen Geschäftsbedingungen nebst Nebenkostensätzen in Rechnung gestellt.
Das Amtsgericht hatte die auf Zahlung eines Restbetrages von 44,80 € gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die BVSK -Honorarbefragung 2013 zur Ermittlung der üblichen Vergütung ungeeignet sei und die tatsächlichen Kosten des Gutachtens deutlich unterhalb der abgerechneten Beträge lägen.
Aussage
Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vollumfänglich Erfolg. Das Berufungsgericht weist darauf hin, dass hinsichtlich der Höhe des Vergütungsanspruchs ausschließlich schadensersatzrechtliche Maßstäbe heranzuziehen sind und keinesfalls vertragliche Ansprüche.
Bei der Beurteilung der objektiven Erforderlichkeit der Aufwendungen, ist auf einen verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen, in der Lage des Geschädigten abzustellen.
Das Gebot zur wirtschaftlich vernünftigen Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten jedoch nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung muss daher auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten im Einzelfall abgestellt werden.
Soll der vorgelegten Rechnung ihre indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen genommen werden, bedarf es daher der Darlegung konkreter Umstände, nach denen der Geschädigte bereits bei Beauftragung des Gutachters erkennen konnte, dass dieser Honorarsätze verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen. Die Berufung auf Umstände, die der Geschädigte nicht kennt – wie z.B. die BVSK- Honorarbefragung – ist hierzu von vornherein untauglich.
Im Rahmen der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schadenschätzung ist die BVSK- Honorarbefragung daher lediglich mittelbar heranzuziehen, gesetzlichen Maßstäben wie dem JVEG oder das RVG kommt ebenfalls nur indizielle Bedeutung zu, da diese in der freien Wirtschaft eher den unteren Bereich abbilden.
Bei der Beurteilung der streitgegenständlichen einzelnen Nebenkostenpositionen wurden vorliegend die BVSK -Werte in der Gesamtschau nur teilweise und dann auch nur geringfügig überschritten. Das Honorar war daher insgesamt erforderlich und damit erstattungsfähig.
Praxis
Das Landgericht Gießen bedient sich vorwiegend der BVSK- Honorarbefragung als Schätzgrundlage zur Ermittlung der Erforderlichkeit des streitgegenständlichen Sachverständigenhonorars.
Im Ergebnis kommt es auf die Gesamtschau der berechneten Positionen an. Sofern sich diese insgesamt auf branchenüblichem Niveau bewegen, bleibt für gerechtfertigte Kürzungen kein Raum.