Datum 05.01.2017
Category Allgemein

Hintergrund

Die Klägerin, deren Unternehmensgegenstand im Ankauf von Forderungen besteht, nahm die beklagte Haftpflichtversicherung aus abgetretenem Recht wegen nicht erstatteter Sachverständigenkosten in Anspruch.

Der Geschädigte hatte seinen Schadenersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an das Sachverständigenbüro abgetreten. Das Sachverständigenbüro wiederum hatte diesen Anspruch an die Klägerin wirksam abgetreten.

Die Beklagte verweigerte die Regulierung der Sachverständigenkosten und behauptete, die Abtretung an die Klägerin sei unwirksam, das erstellte Gutachten sei mangelbehaftet und unbrauchbar und das angesetzte Grundhonorar sei zudem bezogen auf das Grundhonorar und die Nebenkosten überhöht.

Das AG Düsseldorf (Urteil vom 09.12.2014, AZ: 20 C 6820/14) hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Das Schadengutachten sei zwar nicht völlig unbrauchbar gewesen, allerdings könne der Sachverständige aber nur die angemessenen Sachverständigenkosten – in geringerer Höhe – fordern. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG Düsseldorf (Urteil vom 10.07.2015, AZ: 22 S 27/15) das Urteil abgeändert und die Beklagte verurteilt, die restlichen Sachverständigenkosten, mithin den vollständigen Rechnungsbetrag, zu zahlen.

Mit der vom LG Düsseldorf zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Aussage

Der erkennende Senat bestätigt im Wesentlichen die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass dem Geschädigten dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten eines eingeholten Sachverständigengutachtens zustehe. Diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.

Der Senat hielt es auch für rechtlich unbedenklich, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Geschädigte diesen Anspruch wirksam an den Sachverständigen abgetreten hat sowie dass die Abtretung dieser Forderung vom Sachverständigen an die Klägerin hinreichend bestimmt ist und kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorliegt.

Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die vom Berufungsgericht angenommene Höhe der für die Begutachtung erforderlichen Kosten.

Dem Geschädigten stehe dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens aus §§ 7, 18 StVG, § 115 VVG zu. Diese Kosten gehörten zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig sei. Der erkennende Senat beanstandet, dass das Berufungsgericht die – nicht beglichene – Honorarrechnung des Sachverständigen nicht weiter geprüft hat.

Die revisionsrechtliche Überprüfung ist wegen § 287 ZPO jedoch darauf beschränkt, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadenbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung nach § 287 ZPO unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.

Vorliegend wurden vom Berufungsgericht unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt.

Der Geschädigte könne vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erschienen. Seiner Darlegungslast genüge der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadenbehebung reiche dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenhöhe in Frage zu stellen.

Bei einer nicht beglichenen Rechnung sei dies hingegen anders: Nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand bilde einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten, kämen regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag zum Ausdruck, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher. Wenn also der an die Stelle des Geschädigten getretene Zessionar lediglich die unbeglichene Rechnung vorlegt, genüge danach ein einfaches Bestreiten der Schadenhöhe.

Weiter hielt der Senat die Auffassung der Revision für unzutreffend, dass sich der Inhalt der Schadenersatzforderung durch die Abtretung verändere. Der Zessionar erwirbt die Forderung in der Form, wie sie zuvor in der Person des Zedenten bestand. Dies ist von der Frage zu trennen, ob und welche Einwendungen der Schuldner der Forderung möglicherweise zwar nicht dem Geschädigten, jedoch dem Zessionar entgegenhalten kann.

Teilen Sie den Artikel
Facebook Facebook Twitter Twitter