Datum 25.10.2023

Vor allem neue und hochwertige Fahrzeuge sind meist vollkaskoversichert. Kommt es zu einem Unfall, den der Fahrer nicht komplett selbst verschuldet hat, wird zugunsten einer raschen Reparatur die Vollkasko in Anspruch genommen – und darüber allzu oft die Mithaftung der gegnerischen Partei vergessen. Ein Versäumnis, das viel Geld kosten kann.

Das Quotenvorrecht ist im Versicherungsvertragsgesetz (VVG)klar geregelt. „Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, dann geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.“ (VVG § 86, Abs. 1) Das VVG besagt damit einerseits, dass die Ansprüche des Geschädigten als Versicherungsnehmer grundsätzlich Vorrang vor denen seiner Versicherung haben. Sofern die Versicherung die Reparaturkosten als Kaskoschaden vollständig übernimmt, hat der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf eine zusätzliche – vollumfängliche oder auch teilweise – Erstattung dieser durch die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Dieser Anspruch ging mit der Regulierung des Schadens gänzlich auf die Versicherung des Geschädigten über. Das eigentliche Quotenvorrecht wird insbesondere im zweiten Teil des VVG § 86, Abs. 1 geregelt. Hierbei wird gegenüber dem Versicherungsnehmer als Geschädigtem gewährleistet, dass seine Versicherung zunächst seinen Kaskoschaden vollumfänglich (ggf. abzüglich der Selbstbeteiligung) zu regulieren hat, auch und obwohl noch Ansprüche gegenüber der Versicherung des Unfallgegners bestehen.

Die Krux am Quotenvorrecht wird erst auf den zweiten Blick deutlich. Es wird nicht auf alle Schadenpositionen angewandt, sondern nur auf jene, die dem selben Zweck wie auch die Leistung der Versicherung entsprechen. In der aktuellen Rechtsprechung sind bislang vier Schadenpositionen dem Quotenvorrecht zweifelsfrei zugeordnet. Konkret sind dies die Kosten für die Reparatur, das Sachverständigengutachten und das Abschleppen sowie die Wertminderung. Entstehen derlei Kosten, die vom gegnerischen Versicherer zu tragen sind, so müssen diese erst auf die Ansprüche des Versicherungsnehmers angerechnet werden, bevor eine etwaige Überzahlung dem Versicherer des Geschädigten zuzuschreiben ist.

Ein Vorteil des Quotenvorrechts für den Kasko-Versicherten ist hingegen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung auch für die sogenannte merkantile Wertminderung, das Kfz-Sachverständigengutachten oder aber die Abschleppkosten aufkommt. Somit also die Kosten trägt, die durch die Kaskoversicherung im Regelfall nicht gedeckt sind. Darüber hinaus wird die Schadenersatzleistung auf die Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers angerechnet, wodurch diese sich bis zu einem Betrag null minimieren kann.

Der Geschädigte, der vom Quotenvorrecht Gebrauch macht, nimmt sowohl die Schadenersatzleistungen von der eigenen Kasko-Versicherung, wie auch die der gegnerischen Haftpflicht in Anspruch.

 

Die Anwendung des Quotenvorrechts an einem fiktiven Beispiel näher erläutert

Ausgehend von einer Haftungsquote von 50 % ergibt sich nunmehr folgendes Szenario

Nicht quotenbevorrechtigte Kosten:

  • Mietwagenkosten    600 Euro
  • Pauschalkosten      30 Euro

 

Leistung durch die gegnerische Haftpflichtversicherung (50 %): 315 Euro

Verbleibende Kosten für den Geschädigten: 315 Euro

 

Quotenbevorrechtigte Kosten

  • Reparaturkosten                          6000 Euro
  • Wertminderung                            600 Euro
  • Abschleppkosten                          120 Euro
  • Kfz-Sachverständigengutachten    300 Euro

Gesamt                                                   7.020 Euro

 

Leistung durch die gegnerische Versicherung (50 %): 3.510 Euro

Leistung durch die eigene Kaskoversicherung (50 %): 3.510 Euro

 

Nutzt der geschädigte Versicherungsnehmer im Beispiel das Quotenvorrecht, so leistet die gegnerische Kfz-Haftpflicht für den Schaden insgesamt 3.825 Euro, seine Vollkasko 3.510 Euro. Hierdurch reduzieren sich die real für ihn verbleibenden Kosten auf lediglich 315 Euro – den hälftigen Anteil der nicht quotenbevorrechtigten Kosten also. Eine Selbstbeteiligung, welche im Großteil der Vollkasko-Versicherungen vereinbart ist, fällt durch die Ausnutzung des Quotenvorrechts nicht an.

Als Fazit lässt sich feststellen, dass die Anwendung des Quotenvorrechts absolut Sinn für den Geschädigten macht, sofern der Unfallgegner eine Mithaftung trägt. Im Zweifelsfall lohnt es sich, einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt hinzu zu ziehen, um sämtliche Ansprüche durchzusetzen.

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